27.02.2020 Rathaus Thema: „Telefonseelsorge“
Unter dem ermutigenden Titel „Sorgen kann man teilen“ stellte Frau Monika Krieg, Leiterin der Telefonseelsorge Paderborn, die Historie, die aktuellen Herausforderungen und auch die neuen Wege der Telefonseelsorge im digitalen Zeitalter vor.
Die Telefonseelsorge hat sich in den 1950er Jahren aus der Initiative eines evangelischen Pfarrers entwickelt und schnell von London aus über Ländergrenzen hinweg verbreitet. In dieser Zeit waren noch viele Themen tabuisiert, über die man inzwischen zum Glück offen sprechen kann. Um Verzweiflungstaten zu verhindern, machte der Pfarrer sein vertrauliches Gesprächsangebot mit dem Satz publik: „Bevor Sie sich das Leben nehmen, rufen Sie mich an!“
Rund um die Uhr ein offenes Ohr finden
In Paderborn wird die Telefonseelsorge seit 1986 als ökumenische Initiative im Sinne des barmherzigen Samariters betrieben. Das bedeutet, Hilfe- und Ratsuchende finden immer rückhaltlos Gehör – unabhängig von ihrer Konfession und ohne Missionsgedanken. Aber der Unterstützung sind auch Grenzen gesetzt. Die Telefonseelsorge kann professionelle Therapien nicht ersetzen und auch keine konkreten Problemlösungen anbieten. Es geht vielmehr darum, Menschen in seelischer Not (z.B. bei Beziehungsproblemen, Trauer, Einsamkeit bis hin zu Selbstmordgedanken) ein offenes Ohr anzubieten.
Charakteristisch für die Telefonseelsorge ist, dass das Angebot niederschwellig ist. Das heißt, dass Hilfesuchende weder ihren Namen nennen, noch sonstige Pflichtfragen beantworten müssen und sich immer auf die absolute Verschwiegenheit ihrer Gesprächspartner verlassen können.
„An die Telefonseelsorge wenden sich rund ums Jahr und zu jeder Tages- und Nachtzeit Menschen aller Altersklassen und sozialer Schichten“, berichtet Monika Krieg. Zwei Tendenzen sind dabei zu beobachten:
- In Summe sind rund 2/3 der Anrufer weiblich
- Bei den älteren Anrufern handelt es sich oft um alleinstehende Männer
Hohe Anforderungen an das Ehrenamt
Die Mitarbeit bei der Telefonseelsorge stellt hohe Anforderungen an die ehrenamtlichen Unterstützer – sowohl hinsichtlich des zeitlichen Aufwandes als auch der persönlichen Belastbarkeit. Rund 20 Stunden pro Monat bringen die rund 75 ehrenamtlichen Helfer ein, um gemeinsam mit den beiden hauptamtlichen Leiterinnen eine 24-stündige Erreichbarkeit in 5 Schichten sicherzustellen. Dabei sind die ehrenamtlichen Unterstützer in der Regel alleine tätig. Allerdings sind sie nicht alleingelassen, denn sie werden durch eine 15-monatige Ausbildung sehr gut auf ihre Aufgaben vorbereitet und laufend durch Weiterbildung und Supervision unterstützt.
In der Aus- und Weiterbildung geht es nicht nur um Fragen, die die Hilfesuchenden betreffen. Wichtig sind auch Lerninhalte zum Schutz der eigenen Person durch Abgrenzung, zum Beenden unangemessener Gespräche (von pubertären „Klingelstreichen“ bis hin zu massiven Beleidigungen) und zum Umgang mit akuten Suizidsituationen, die natürlich die höchste Belastung für die Telefonseelsorger sind.
Unterstützung im digitalen Zeitalter
Die Grundidee der Telefonseelsorge ist seit den 50er Jahren die gleiche geblieben: Rund um die Uhr ein kompetenter und fürsorglicher Ansprechpartner für Menschen sein, die ihre akuten Sorgen und Nöte aktuell mit niemanden teilen können oder wollen. Mit dem Einsetzen des digitalen Zeitalters, haben sich allerdings die Kommunikationskanäle verändert. Während ältere Menschen weiterhin das Telefonat bevorzugen, kommunizieren jüngere Ratsuchende vermehrt per Email oder Chat. Auch diesem geänderten Kommunikationsverhalten trägt die Telefonseelsorge mit ihren Email- und Chat-Angeboten bereits Rechnung.
Mit der App „KrisenKompass“ wird kurzfristig bundesweit das nächste zeitgemäße Angebot der Telefonseelsorge zur Verfügung gestellt. Diese Neuentwicklung zielt insbesondere auf die Suizidprävention und beinhaltet sowohl einen „1. Hilfe Koffer“ für Suizidgefährdete als auch für deren Freunde und Familien.
Der engagierte Vortrag von Frau Monika Krieg zeigte einmal mehr die große Bedeutung, die ehrenamtliche Arbeit für den Einzelnen und die Gesellschaft hat und die Professionalität mit der solche wichtigen Initiativen heute oft aufgestellt sind.